Kleine Geschichten zur Unterhaltung

Lebenszeit ist lebenswert

Manchen Menschen hat das Leben,

schwere Wege mitgegeben...

Sie kamen aus dem Sonnenschein,
auf die Welt, zum "anders" sein.

Ihre Seel'n sind hell und stark,
leidet auch ihr Körper arg,
sie lächeln dich trotzallem an
und erinnern dich daran ...
Anders sein ist ganz normal,
nicht zwingend ist solch Dasein Qual,
da denken wir wohl oft verkehrt,
denn Lebenszeit ist lebenswert ...
Egal wieviel man kann und weiß ...
die Liebe bricht gewiss das Eis,
sie stößt den Zweifel sanft vom Thron ...
auf Seeleneb'ne klappt es schon ...
Sich mit Jenen zu verbinden,
welche Worte niemals finden,
welche oftmals nur mit Sinnen
uns're Ansprache gewinnen ...
Wer sich bewusst dazu gesellt
und eintritt in die Anderswelt,
wird lernen dass es Dinge gibt,
die man besser nicht verschiebt ...
Zum Beispiel Zeit für Dankbarkeit,
für Wohlergeh'n, Zufriedenheit,
für jeden Schritt auf starken Beinen,
auch wenn uns viele trist erscheinen ...
Ja, manchen Menschen hat das Leben,
schwere Wege mitgegeben ...
Was mich solch Schicksal stetig lehrt ...

Lebenszeit ist lebenswert !

Aus dem Buch "Poetessa", Text Doreen Kirsche, Bild Karina Pfolz

(Das Buch finden Sie in unserem Shop)


Kathy, das freche Schlossgespenst von Schloss Freiland


Die Entdeckung

Ein ungewöhnlicher Abend im Schloss Freiland bricht an. Einer der wenigen, an dem keine Gäste im Haus waren. Doch für das Personal eine Zeit, in der sie in Ruhe und ohne Unterbrechungen die Zimmer für die am nächsten Morgen Ankommenden vorbereiten können.

Christian, der Hoteldirektor, nutzt die ruhigen Stunden, um endlich alle Belege zu sortieren und die Aktivitäten der kommenden Wochen zu planen. Das Fenster seines Büros steht offen, da der warme Herbstwind nach anstrengenden Tagen gut tut. Die Zeit für einen Waldspaziergang hat er leider nicht.

Christian sitzt fast mit dem Rücken zum Fenster. Also ein wenig schräg. Nur wenn er sich nach links dreht, sieht er hinaus. Eine optimale Lage des Schreibtisches, da er vor sich die Eingangstüre erblickt.

Tief konzentriert arbeitet er vor sich hin.

Der Berg von Notizen und Rechnungen will einfach nicht kleiner werden. Hin und wieder stößt Christian einen tiefen Seufzer aus, denn der Zeiger der Uhr wandert immer weiter. Mittlerweile ist es schon kurz nach Mitternacht. Eigentlich wollte er einmal etwas früher schlafen gehen.

Etwas weiter oben im Schloss, genauer gesagt, im Turm im obersten Stock, dort, wo diese kleinen, runden Fenster sind, da steht eine Schatztruhe. So eine aus geschnitztem Holz mit Goldverzierungen. Ein ausgesprochen schönes Stück.

Die Uhr im Büro vom Direktor rückt ihre Zeiger auf Mitternacht und im selben Augenblick ertönt ein ziemlich verschlafenes, aber lautes "Uahhhhhhhhh" aus der Truhe. Der Deckel hebt sich ein Stückchen und eine kleine weiße Hand schiebt sich zwischen Deckel und Truhenrand.

"Warum muss dieser Deckel auch so verdammt schwer sein? Jede Nacht muss ich mich so abmühen", jammert Kathy.

Sie ächzt und stöhnt vor sich hin, schimpft auch ein wenig, aber dann schafft sie es und die Truhe klappt ganz auf.

"Vielleicht sollte ich mich endlich dem Direktor vorstellen. So geht das ja nicht weiter! Dann hat er mich lieb und schickt mir vielleicht einen Haustechniker, damit der etwas montiert, womit der Deckel leichter aufgeht."

Kathy hat eine Idee und das motiviert sie gleich. Schwungvoll schwebt sie aus ihrem Truhenbett. Noch schnell die Polster aufgeschüttelt und das Bett ordentlich gemacht. Das winzige Schlossgespenst aus Plüsch schön hingesetzt und los zum Fenster.

Es mag zwar unüblich sein für Gespenster, aber Kathy mag einfach ein Kuscheltier und ihres ist eben ein kleines, weißes Gespenst aus ganz flauschigem Stoff. Ihr ist egal, ob die Kollegen aus den anderen Schlössern über sie lachen. Sie findet es fein, so wie es ist.

Kathy öffnet das Fenster, denn Gespenster können nicht einfach durch Wände oder geschlossene Fenster schweben, das ist bloß eine Erfindung von Schriftstellern. Auch sie müssen eine Türe oder ein Fenster öffnen. Allerdings ein Schlüsselloch, das eine ordentliche Größe hat, das geht schon zum Hindurchquetschen. Bequemer ist es jedoch, die Türe aufzumachen.

"Huiiiiii, fein! So ein netter, warmer Herbstwind!", ruft Kathy aus. "Da brauch ich selbst nicht viel flattern." Schon schwebt sie über das Dach des Übergangs, weiter über den Neubau - hier bedarf es allerdings einiger Mühe, da der höher ist als der Übergang - und schon befindet sie sich auf der anderen Seite des Gebäudes. Vor der Café-Terrasse und Christians Fenster ist eine Statue. So eine mit einer Schüssel. Kathy setzt sich darauf und lässt die Beinchen herunterbaumeln.

"Da brennt noch Licht beim Direktor", flüstert sie. "Sehr günstig."

Eine Weile sitzt sie da und beobachtet das Fenster und den Direktor, wie er erschöpft über einen Berg von Papier gebeugt sitzt.

Ihre Gedanken kreisen wild durcheinander. Soll sie oder soll sie nicht?

Der Zeiger der Uhr rückt auf halb eins.

Jetzt muss ich aber! Sonst ist es zu spät und ich muss zurück in die Truhe.

Sie erinnert sich an die Geschichte, die ihr ihre Großmutter immer erzählt hat. Wenn ein Gespenst es schafft, dass die Menschen es sehen und als Freund schätzen, dann darf es jederzeit herumflattern. Wenn nicht, bleibt nur die Zeit zwischen Mitternacht und ein Uhr.

Kathy will so ein Gespenst sein. Eine Freundin für die Menschen. Sie will helfen und unterstützen. Einfach da sein.

Noch zehn Minuten! Es ist so schwer, sich zu überwinden, sooo schwer.

Aber der Wille, länger aufbleiben zu dürfen, der Wunsch, einmal das Tageslicht zu sehen, mit den Menschen zu plaudern, der ist in Kathy stärker als die Feigheit. Also schwebt sie hinüber zum offenen Fenster des Direktors und setzt sich auf das Fensterbrett. Die Beinchen lässt sie in den Raum hängen.

"Huhuuuu", flüstert sie.

Christian hört ein leises Säuseln und hebt kurz den Kopf.

"Jetzt höre ich schon Stimmen, ich arbeite zu viel", sagt er zu sich selbst und widmet sich weiter seinen Rechnungen.

"Halloooooooo!" Jetzt wird Kathy etwas lauter. Ihr bleiben nur noch fünf Minuten, das wird eng.

Christian zuckt zusammen. Er schaut zum Fenster und traut seinen Augen nicht.

Da sitzt ein leicht durchsichtiges Mädchen. Ziemlich klein. In einem langen, weißen Kleid. Und grinst ihn an. Er reibt sich die Augen. Schaut noch einmal hin. Aber sie sitzt noch immer da.

Die Müdigkeit hat ihn so sehr in ihren Bann gezogen, dass er sich nicht einmal erschreckt. Irgendwie hat er das Gefühl, als ob er das Wesen bereits kennt.

"Bisschen spät, junge Dame! Solltest du nicht im Bett liegen und schlafen?", spricht Christian das Mädchen an.

"Aber nein! Ich bin ja erst aufgestanden", antwortet Kathy und grinst über das ganze Gesicht.

"Hm, was machst du eigentlich auf meinem Fensterbrett? Und stell dich einmal vor! Das ist unhöflich, nicht seinen Namen zu nennen, wenn man auf fremden Fensterbrettern sitzt."

"Oh, Entschuldigung! Das wusste ich nicht. So oft treffe ich nicht auf Menschen. Also, ich heiße Kathy und wohne oben im Turm." Dabei ist sie aufgestanden, steht nun am Fensterbrett und macht einen höflichen Knicks. Das gehöre sich so, hat einmal ihre Großmutter gesagt. Und Großmütter haben ja immer Recht.

"Sehr erfreut. Ich bin Christian."

"Du schaust sehr müde aus. Kann ich dir helfen?", fragt Kathy.

"Na komm einmal her! Ich glaube, ein wenig Zerstreuung lässt mich leichter arbeiten. Vielleicht findet sich ja eine Betätigung für dich und inzwischen kannst du mir ja ein wenig über dich erzählen."

Kathy setzt sich im Schneidersitz auf den Schreibtisch, genau zwischen die beiden Papierberge. Christian arbeitet weiter und sie erzählt mit leiser Stimme von einigen Erlebnissen im Schlosswald. Dass sie den Herbstwind mag, wenn er warm und sanft zwischen den Bäumen weht, dass sie es liebt, die Tropfen des Regens zu spüren und so gerne einmal die Sonne sehen möchte.

Eine Weile geht das so, dann findet Christian, dass Kathy ohne weiteres die Rechnungen lochen könnte, so wäre ihm sehr geholfen und er könne sie schneller in den Ordner packen. Kathy freut sich über das Vertrauen und locht nun fröhlich vor sich hin. Sie findet das sehr lustig, dass dann lauter kleine, runde Papierkreise unten aus der Lochmaschine purzeln.

Langsam ist schon der erste Schein des Morgenlichtes zu sehen und die beiden haben die Arbeit beendet. Christian nimmt Kathy auf den Arm, da sie schon sehr erschöpft ist. Sie ist es ja noch nicht gewöhnt, länger als eine Stunde wach zu sein.

"Kannst du mich zu Bett bringen? Der Turm ist so hoch, ich schaff das einfach nicht mehr." Mit großen, bittenden Augen schaut Kathy Christian flehend an.

"Gerne - und schau mal, da hinten geht die Sonne schon auf!"

Einen kurzen Blick auf das morgendliche, rote Licht der aufgehenden Sonne schafft Kathy noch und mit einem breiten Lächeln im Gesicht schläft sie in Christians Armen ein.

Vorsichtig trägt dieser das kleine Gespenst in den Turm. Oben in das höchste Zimmer. Legt sie in ihre Truhe, gibt ihr das Kuschelgespenst in den Arm und deckt sie zu. Dann schließt er den Deckel und geht in sein eigenes Zimmer.

"Na sowas! Da habe ich ein so herziges Gespenst im Schloss und habe es erst heute entdeckt."

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Diese Geschichte ist aus Band 1 der inzwischen 4-teiligen Kathy Buchserie. Die Bücher gibt es im Schloss Freiland, im Buchhandel und über uns (einfach über unsere Kontaktmail)